Extraktbrauen mit “Full Boil”-Wie und warum?

In diesem Beitrag soll es drum gehen, wie und vor allem warum man ein (Extrakt)Bier braut, bei dem man das ganze Volumen Bier auch kocht. Das hat verschiedene objektive und subjektive Vorteile, braucht aber auch etwas mehr an Ausrüstung. Das war der Grund, warum wir im Oktober die “Partial Boil” Vorgehensweise gezeigt haben. Damit ihr alle Vorteile ausnutzen könnt, stellen wir euch hier vor, wie es auch mit “Full Boil” geht.Was braucht man also an Zusatz-Ausrüstung?

Eigentlich ganz einfach. Nur etwas worin ihr 20 L Würze kochen könnt. Dazu gibt es zwei gängige Möglichkeiten. Entweder ihr kauft

  • 1 x 30-40L-Induktionskochtopf mit 2500 bzw. 3500 W Induktionskochfeld

oder

  • 1 Einkocher mit mindestens 2000 W, besser 2200 W
Ein Einkochautomat mit 2000W reicht zum Würzekochen im Haus eigentlich aus

Die Vorteile vom Kochfeld mit Topf sind, dass ihr etwas mehr Platz im Topf habt und deutlich mehr Power.  Alles geht also deutlich schneller und ihr könnt besser Würzekochen. Der Nachteil dieses Setups ist neben dem Preis (ca. 100 € für den Topf und 175 € für das Kochfeld = 275€) die Tatsache, dass das Kochfeld viel Energie frisst. Eine Standard-Sicherung im Haus gibt den Verbrauch zwar eigentlich her, aber ältere und billigere Verkabelungen/Steckdosen können Sicherheitsrisiken darstellen und es sollte dann an der Sicherung sonst kein Verbraucher hängen. Wenn ihr euch also dafür entscheidet, solltet ihr euch schlau machen, was euer Haus hergibt und eventuell vorher mit einem Elektriker (im Bekanntenkreis wird für das Versprechen von selbstgebrautem viel gemacht) sprechen.

Die Vorteile vom Einkocher sind, dass diese günstig (ab 140 € auf eBay) zu haben sind, und auch leicht wieder gebraucht verkauft werden können. Außerdem sind sie leichter zu nutzen. Natürlich brauchen sie wegen mangelnder Leistung auch länger, um Flüssigkeiten zum Kochen zu bringen und sind meiner Meinung nach schwieriger zu reinigen.

Ich habe mich für den Einkocher entschieden, weil für mich die Vorteile überwiegen. Was für euch am besten passt, solltet ihr natürlich selbst überlegen. Wenn ihr euch für den Einkocher entscheidet: Ich habe einen “analogen” Klarstein Biggie, der hat damals 150 € gekostet, kann bis 22 L Volumen gut kochen und hat 2000 W. Das reicht für mich aus.

Mein “Literstab” für meine Würzepfanne. Eine simple Holzleiste mit Bleistift-Markierungen

Den Topf solltet ihr dann noch “auslitern”, so wie schon in der ersten Brauanleitung für den 10 L-Topf beschrieben und schon könnt ihr loslegen.

Ich empfehle beim Kauf des Einkochers noch den Kauf eines Edelstahl-Hahn-Sets wie z.B. diesem hier. Die 1/2-Zoll Hähne passen in den Biggie und machen alles wirklich viel, viel, leichter. Es fließt mehr durch und man kann sie leichter reinigen als den Original-Hahn. Die 20 € die das Ding kostet sind gut investiert.

Meiner Meinung nach ist das volle Kochvolumen einem “Partial Boil” zu bevorzugen. Natürlich hat es aber auch Nachteile, das ganze Würzevolumen zu kochen. Man muss eine neue Anschaffung tätigen und der Braukessel will auch irgendwo gelagert werden. In kleinen (ich meine wirklich kleinen) Wohnungen ist das natürlich schwer machbar. Auch dauert es länger die Würze zu kühlen.

Die Edelstahl-Hähne sind ein grußes Plus und lohnen sich wirklich. Nur immer festschrauben, damit nichts tropft.

Die vollständige Würze zu kochen hat aber mehr Vorteile als Nachteile. Subjektiv finde ich es einfach schöner, als so Tütensuppenmäßig sein konzentriertes Bier mit Wasser zu verdünnen und es fühlt sich auch etwas “echter” an.

Es gibt aber auch objektive Vorteile, nach dem “Full Boil” Prinzip zu arbeiten. Erstens dunkelt die Würze viel schneller nach beim Kochen, wenn der Extraktgehalt höher ist wie es beim “Partial Boil” der Fall ist. Das kommt daher, dass in der konzentrierteren Würze mehr Reaktionen ablaufen, die dunkle Reaktionsprodute haben. Ihr könnt also viel hellere Biere brauen, wenn ihr die ganze Würze kocht.

Nicht nur steigt die Hopfenausnutzung, auch fühlt sich das Brauen etwas mehr nach Brauen an

Zusätzlich ist die Hopfenausnutzung besser. Vielleicht habt ihr ja schon mal mit dem Rezeptkalkulator gespielt, den ich euch genannt habe. Wenn ich da 19 l IPA mit 16 °P braue, die 60 IBU haben soll, braucht man bei einem “Partial Boil” mit 7 l Kochvolumen ganze 120 g Bitterhopfen mit 11 % AA. Wenn ich aber das volle Volumen koche reichen 45 g Bitterhopfen mit 11 % AA bei selber Kochzeit. Das ist also weniger als die Hälfte, eine Ersparnis die sich finanziell schnell bezahlt macht und außerdem: in der Praxis sind 120 g Bitterhopfen in 7 L Kochvolumen ja gar nicht handhabbar. Wenn ihr nämlich beim Partial Boil 1 L Hopfentreber entfernen müsst ist das viel mehr Extrakt, das euch verloren geht als wenn ihr das beim vollen Kochvolumen verliert. Zusätzlich habt ihr auch mehr Kontrolle: 250 ml-Spindelproben fallen einfach nicht so sehr auf, wenn sie bei 20 l fehlen, als wenn sie bei 7L fehlen.

Aus all diesen Gründen mache ich quasi keine Partial Boils mehr. Wer sich jetzt denkt “Mensch, klingt so als ob ich mein 200 IBU-IIIPA doch als Extraktbier hinkriege. Schnell mal nen Kessel kaufen”, der kann gerne übernächste Woche reinschaun und ein Rezept für eben ein solches Bier mit vielen IBU finden, bei dem der Full Boil seine Stärken ausspielt. Wer aber auf 200 IBUs hofft, den muss ich enttäuschen, ich finde selbstgebrautes darf auch trinkbar sein. Viel Spaß beim Nachbrauen und Gut Sud!