Münchner Bier g.g.A. – was heißt das?

Immer wieder sieht man den blau-gelben Sticker Geschützte Geographische Angabe auf Münchner Bier, aber was bedeutet das jetzt? Ist das ein Qualitätssiegel? Ein Braustil?

Bei der Verwendung von Herkunftsnamen als Produktbezeichnungen kommt es markenrechtlich immer wieder zu Problemen. Münchner Bier oder Wiener Schnitzel als Markenname schützen zu lassen ist rechtlich kaum möglich, was auch gut ist. Ansonsten könnte sich ein Unternehmen den Namen Münchner Bier schützen lassen und allen anderen Brauereien aus München verbieten ihr Bier so zu nennen. Keine faire Lösung! Andererseits hätten Münchner Brauereien so auch keine Möglichkeit gegen Nachahmungen vorzugehen, wenn also etwa Radeberger anfangen würde ein Münchner Bier zu brauen.

Als Lösung gibt es seit 1992 die Verordnung Nr. 2081/92 EWG des Rates zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel, die 2006 und 2012 nochmal erweitert und ergänzt wurde. Seit 2006 gibt es die blau-gelben bzw. rot-gelben Sticker für geschützte geographische Angaben und geschütze Ursprungsbezeichnungen.

Der Unterschied zwischen diesen Bezeichnungen ist – einfach gesagt – dass die geschützte Ursprungsbezeichnung etwas strenger ist. Hier muss Erzeugung, Herstellung und Verarbeitung eines Produkts komplett in einer Region erfolgen, wie etwa bei Parmaschinken. Bei einer geschützten geographischen Angabe reicht es bereits, wenn einzelne Herstellungsstufen in der Region erfolgen. Allein dadurch, dass in München sicherlich nicht genügend Hopfen und Gerste wächst um das ganze Bier zu brauen, musste vermutlich das etwas schwächere Siegel gewählt werden.

Links das Siegel für geschütze geographische Angaben, rechts für geschützte Ursprungsbezeichnungen

Näheren Aufschluss gibt das entsprechende Amtsblatt der Europäischen Union, das ich übrigens als wirklich lesenswert empfinde. Dort heißt es, dass vor allem auch die Herkunft des Wassers für die Bezeichnung Münchner Bier entscheidend ist. Beantragt wurde die Eintragung der geschützen Bezeichnung vom Verein der Münchner Brauereien, also Augustiner Bräu, Spaten-Franziskaner-Bräu, Hacker-Pschorr, Paulaner, Hofbräu und Löwenbräu. Das heißt jetzt aber nicht, dass nur diese Brauereien das Siegel tragen dürfen. Prinzipiell kann jede Brauerei die die Auflagen erfüllt und ins Kontrollsystem aufgenommen wird mitmachen.

Interessanterweise ist die Bezeichnung aber keineswegs auf Helles, also Lager Bier beschränkt. Eine ganze Reihe von Sorten werden definiert, zum Beispiel auch Pils oder Kristallweizen. Amüsant finde ich die Sorten Diät-Pils und Nährbier, welche aufgrund der in Deutschland gültigen Lebensmittelgesetze sicherlich problematisch wären. Niemals darf suggeriert werden, dass alkoholhaltige Getränke gesund oder gesundheitsfördernd sind, weswegen das Milk Stout von Camba jetzt auch Sweet Stout heißt (Milch = gesund).

Für Münchner Brauereien spielt aber noch ein ganz anderer wesentlicher Beweggrund eine Rolle: Nur Brauereien die im Hoheitsgebiet der Stadt München, brauen dürfen am Oktoberfest ausschenken. Das heißt ein “Erdinger Zelt” wird es auf der Wiesn niemals geben. Übrigens ist die Paulaner Brauerei vor kurzem umgezogen, exakt an die Stadtgrenze. Zu den fünf bekannten Brauereien am Oktoberfest – Augustiner, Spaten, Hacker, Löwenbräu und Paulaner – wird sich wohl bald die Giesinger Brauerei gesellen, die gerade ein neues Werk in Milbertshofen errichten.

Das Schlusswort überlasse ich der offiziellen Begründung, warum Münchner Bier (übrigens ist auch Münchener Bier eine erlaubte Variation) eine schützenswerte Angabe ist:

Nur das in München hergestellte Bier darf sich Münchener Bier nennen. Der Verbraucher verbindet damit ein bestimmtes Ansehen und die Erwartung höchster Qualität. Die Bezeichnung des Münchener Bieres wird seit Jahrhunderten ohne jedwede Beanstandung von dritter Seite von den Münchener Brauereien benutzt. Die starke Verbundenheit der Bevölkerung zum Münchener Bier basiert gerade im Münchener Raum auf geschichtlichen Zusammenhängen, man denke in diesem Zusammenhang nur an die Münchener Bierrevolution.


https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:C:2006:316:0002:0008:DE:PDF