Hefe für Hobbybrauer

Hefe ist das Lebewesen, welches beim Bierbrauen Zucker in Alkohol, Kohlensäure und Geschmack verwandelt. Damit die Hefe für uns aktiv wird, will sie gut behandelt werden. Wie man das tut und wie man als Hobbybrauer an Hefe zum brauen kommt, schildern wir euch in diesem Post.

Eine untergärige Brauhefe (Saccharomyces pastorianus) unter dem Mikroskop bei 40-facher Vergößerung.

Früher war sie nur bekannt als das “Zeug”, weil niemand so recht wusste, was das eigentlich ist, das Zeug, dass sich sich beim Gären bildet. Heute sind wir schlauer und wissen: Es ist Brauhefe. Die Brauhefe ist ein Pilz, genauer ein Knospungspilz. Dieser Pilz besteht aus einzelnen voneinander unabhängigen Zellen, die jede in etwa 10 µm groß sind, also 1/100 mm. Es geht hier also nicht um Speisepilze, sondern einzellige Organismen. Je nach Bierstil handelt es sich wissenschaftlich gesehen mit wenigen Ausnamen um Saccharomyces cerevisiae (obergärige Hefe) oder Saccharomyces pastorianus (untergärige Hefe). Die wissenschaftliche Benennung hat aber für Brauer wenig Auswirkungen, wie man z.B. im Fall der WLP 644 gesehen hat. Wichtiger sind die brautechnologischen Eigenschaften. Die Wahl der richtigen Hefe ist desswegen entscheidend beim Bierbrauen. Stile wie Bayrisches Weizenbier beziehen einen Großteil ihrer Aromen aus der Gärung, Lagerbiere sind sogar durch den Verwendeten Hefetyp definiert. Neben der Art der Hefe ist aber auch die Menge der verwendeten Hefe wichtig. Es ist natürlich klar, dass man für 50 L Bier mehr Hefe braucht als für 10 L. Aber auch ein Doppelbock braucht mehr Hefe als ein Pils bei gleichem Volumen. Das liegt daran, dass hohe Stammwürzen für die Hefe Stress bedeuten und mehr Hefe einfach hilft, eine saubere Gärung zu erzielen. Wie aber kommt man als Hobbybrauer an die nötige Hefe, in der benötigten Menge? “Natürlich” erstmal durch Kaufen. Im Prinzip gibt es zwei kommerziell erhältliche Optionen: Flüssighefe und Trockenhefe. Man kann einfach die benötigte Menge mit einem Tool berechnen (s.u.) und entsprechend viele Packungen einkaufen. Da das aber bei manchen Bieren ganz schön ins Geld geht und auch sonstige Nachteile hat, haben wir versucht die gängigsten Möglichkeiten an Hefe zu kommen für euch aufzuzählen.

So sieht Hefe im Reinzucht-Labor aus. Jeder Punkt auf dem Nährboden ist eine “Hefekolonie”, die zur Herstellung von Flüssig- oder Trockenhefe verwendet wird. Da das daheim schwer zu bewerkstelligen ist, kaufen Hobbybrauer ihre Hefe meißt von Herstellern, die den Laborkram für sie machen können.

Zuerst mal einige Begriffe

Bevor wir in die Tiefe gehen, wollen wir erst mal ein paar Grundlagen schaffen. Im Zusammenhang mit Hefe werden viele ungewohnte Begriffe verwendet. Die drei wichtigsten möchte ich kurz erwähnen: Vitalität bezeichnet die “Fitness” der Hefe, also wie bereit sie ist zum Fermentieren bzw. wie viele Reserven sie noch hat. Vitale Hefe ist gute Hefe. Viabilität bezeichnet die Lebendigkeit der Hefe, also “Wie viele Zellen in einer Hefeprobe leben noch”. Die Hefemenge wird meißt in Zellzahlen angegeben. Diese wird euch auch von Heferechnern ausgespuckt, die einzig richtige Art und Weise die Zellzahl zu bestimmen, wäre eine Lebendkeimzahlbestimmung durchzuführen, die nächst beste Lösung wäre eine Zählung in einer Zählkammer mit lebend/tot-Färbung. Beides sind anspruchsvolle Labormethoden und für den Hobbybrauer nicht wirklich leistbar, weswegen man sich auf die Berechnungen verlässt. Die Berechnungen sind aber immer nur Schätzungen, funktionieren jedoch eigentlich ganz gut.

Trockenhefe

So sieht Trockenhefe außerhalb der Packung aus: ein weiß-gelbliches Granulat dass zu 100 % aus getrockneter Hefe besteht

Trockenhefe ist Hefe, der durch Gefriertrocknen das Wasser entzogen wurde. Wenn man sie wieder in Flüssigkeit gibt, nehmen sie diese auf und die Hefe wird wieder “lebendig”. Trockenhefe ist einfach zu lagern, braucht nicht viel Platz und ist einfach zu handhaben. Das macht sie zur ersten Wahl für alle Brauanfänger, aber auch “alte Hasen” sind froh, sie als Backup-Lösung zur Hand zu haben oder sich einen stressigen Schritt beim Brauen zu sparen. Hobbybrau-Shops versenden inzwischen im Sommer oft auch keine Flüssighefe mehr, wodurch man in der Zeit bei Trockenhefe bleiben muss. Kling erstmal, als ob es nur Vorteile hätte, mit Trockenhefe zu brauen? Falsch gedacht. Das geht los beim Preis, der bei Ale-Hefen noch vertretbar ist und eher günstig, bei Lagerhefen aber bald Überhand nimmt. So kostet genug Trockenhefe für 20 L Märzen gut und gerne fast 15 €. Auch ist die Trockenhefe erstmal langsamer. Während gut geführte Flüssighefen bei Ales oft nach wenigen Stunden ankommen, also sichtlich die Gärung einsetzt, kann das bei Trockenhefen oft 24 h bis im Extremfall 48 h dauern. Mir ist letzteres definitiv, ersteres eigentlich auch fast, zu lang. Auch wird oft beobachtet, dass Trockenhefe in erster Führung nicht die gewünschten Vergärgrade erreichen. Dazu kommt, dass die Auswahl an Trockenhefen oft recht klein ist. Es gibt pro Bierstil (Lager, Weissbier, Britisches Ale, etc.) meist nur eine Hand voll Stämme. “Exoten” gibt es aber nur flüssig.

Flüssighefe

Flüssighefe ist, was sie verspricht: flüssig. Sie wird heutzutage meißt in solchen Plastiktüten geliefert wie hier ein Smack Pack der Firma Wyeast. Diese Tüte enthält zum Beispiel noch Hefenährstoffe für mehr Aktivität zum Zeitpunkt der Hefegabe

Ihr seht also, es gibt durchaus Gründe für die Flüssighefe. Sie ist so ziemlich das Gegenteil von Trockenhefe. Die Handhabung ist kompliziert, es braucht fast immer einen Starter. Die Lagerung ist kompliziert: die Gebinde sind oft groß und müssen im Kühlschrank gelagert werden. Zusätzlich sind sie nicht so lange haltbar. Klingt erstmal stressig? Ist es leider auch, aber meiner Meinung nach ist es das durchaus Wert. Die Vorteile liegen nämlich auf der Hand: die Auswahl an verschiedenen Stämmen ist groß und die Hefe ist bei entsprechender Führung viel vitaler als Trockenhefe. So kann man seinem Bier das gewisse Extra geben und Rezepte feintunen. Auch ist es bei manchen Bierstilen deutlich günstiger, Flüssighefe zu verwenden, wenn man die Anschaffungskosten für die Hefe-Starter-Ausstattung auf lange Sicht rechnet.

Erntehefe

Erntehefe bewahrt man am besten in Plastikgefäßen auf, meiner Meinung nach unter Bier. Man sieht sehr schön wie sich die Hefe unten absetzt und oben von Bier überschichtet wird. Die Beschriftung darf übrigens üppiger ausfallen.

Ein weiterer guter Weg, an Brauhefe für einen Sud zu kommen ist Erntehefe zu verwenden. Das ist einfach die Hefe, die man nach erfolgreicher Gärung aus dem Fermenter “erntet”. Die Hefe vermehrt sich nämlich bei der Gärung immer etwas. Diese Erntehefe kann von einer/einem anderen Hobbybrauer/in kommen (da wäre ich generell erstmal vorsichtig und würde mich über seine Prozesse und Hygienemaßnamen informieren), aus einer Brauerei (die sind oft, besonders die kleinen, recht nett zu Hobbybrauern) oder aus einem eigenen Sud. Hefe aus dem eigenen Sud ernten ist ganz einfach: Beim Abfüllen unbedingt den Deckel auf dem Fermenter lassen, damit keine Fliegen oder Staub auf den Hefekuchen fallen. Da ja meißt eh etwas Jungbier auf der Hefe stehen bleibt, benutzt man dieses Jungbier einfach, um die Hefe durch Aufschwenken in Schwebe zu bringen. Wenn nötig dafür einfach noch einen entkeimten Löffel zur Hilfe nehmen. Wichtig ist, dass keine Hefebrocken mehr vorhanden sind. Nachdem man das getan hat, kann man den aufgeschwenkten Bodensatz in ein entkeimtes Gefäß geben, ich nehme gerne meinen 2 L Erlenmeyer-Kolben. Wenn man kurz wartet, sieht man, wie der Überstand weiterhin milchig trüb ist, aber sich unten dunkle Feststoffe absetzen(ca. 10-30 Minuten). Die Feststoffe sind meißt Hopfenharze und Heißtrub. Man gießt jetzt den Überstand ohne “Brocken” in ein verschließbares Plastikgefäß und stellt es in den Kühlschrank-fertig. Diese Hefe kann man jetzt benutzen, um den nächsten Sud anzustellen. Eine Faustregel besagt ca 0,5-1 L dickbreiige Erntehefe pro Hektoliter bei untergärigem Bier. Wie bei jeder Hefegabe würde ich aber empfehlen, die benötigte Menge Hefe mit einem Tool auszurechnen. Viel länger als 2-4 Wochen sollte man die Hefe nicht aufheben, danach würde ich eher empfehlen einen Teil der Erntehefe (etwa 50 mL, je nachdem wie dickbreiig sie ist) in einen Starter zu geben und sie erneut aufzupeppeln. Wichtig ist außerdem: die Hefe kann eventuell noch Kohlensäure entwickeln. Das Gefäß in dem ihr sie aufbewahrt sollte also nicht aus Glas sein (Splittergefahr) und regelmäßig entlüftet werden. Ideal sind Behälter mit einem Überdruckventil, gibt es aus dem Haushaltsbereich.

Hefestarter

Hfestarter brauchen einiges an Zusatzausstattung, bringen einem aber auch die frischeste Hefe. Die Ausstattung des Equipments lohnt sich sehr schnell.

Wir werden uns in diesem Beitrag verkneifen, die Details zum Thema Hefestarter zu besprechen. Wichtig ist nur: wenn man nicht genug (Flüssig)hefe hat, macht es Sinn, einen Starter zu machen. Das tut man in einem großen Erlenmeyerkolben, den man mit 1 l leicht gehopfter Würze füllt. Verschließen tut man das mit einem Fetzen Alufolie und nach mehrmaligem Aufkochen und Abkühlen (Stichwort: Tyndallisieren) kann man die Würze zum Hefevermehren nutzen. Wie man das genau macht, ist im Internet an vielen Stellen lesbar. Einen generellen Einstieg bietet der Artikel im brau!magazin zum Thema Hefestarter, bei dem es auch viel zur Hefe zu lernen gibt. Zum Thema Hefestarter gibt es auch viel zu lesen bei Brülosophy auf englisch oder auch hier auf deutsch. Wir machen meißt einstufige 1L-Starter auf einer Rührplatte ohne die aktive Belüftung mit Schlauch, die viele deutsche betreiben. Das ist vielleicht nicht ideal für die Propagation aber eben praktikabel daheim.

Man erkennt es schlecht, aber in einer Plastikbox im Kühlschrank lässt sich Trockenhefe super aufbewahren. Hält die Hefe sauber und kalt und gleichzeitig den WAF hoch…

Wir möchten natürlich auch gerne die genutzten Resourcen für den Artikel preisgeben. Zuerst wären da die gängigen Hefekalkulatoren zu nennen. Die Liste ist natürlich nicht erschöpfend, häufig gebraucht werden aber verschiedene Hefekalkulatoren und deren Dokumentation, so z.B. der berühmte Mr. Malty, der Brewer’s Friend Hefekalkulator, MoreBeer Hefekalkulator oder yeastcalculator.com. Allen gemein ist, dass sie im Original für RU-Nutzer konzipiert sind, um sie ins 20. oder 21. Jahrhundert zu übertragen muss man also mindestens die richtigen Häkchen setzen, was manchmal eher schlecht, oft jedoch nicht, funktioniert. Um online ins Thema Brauhefe einzusteigen, kann man die Herstellerhomepages gängiger Hefehersteller besuchen, die Homepages von z.B. White Labs oder wyeast haben viele Infos jenseits ihrer Produkte, während Fermentis wenigstens Infos zu ihren eigenen Produkten bietet. Wie gesagt ist ein guter Einstieg der Artikel im brau!magazin zum Thema Hefestarter. Bücher-Mäßig gibt es natürlich einiges an Profiliteratur und alle gängigen Hobbybrau-Bücher haben immer auch etwas über Hefe zu sagen. Sehr zu empfehlen, aber auch sehr detailliert und auf englisch, ist das Buch mit dem Titel “Yeast: The practical guide to beer fermentation” von Chris White und Jamil Zainasheff, erschienen 2010 in der Brewing Elements serie von Brewers Publications. Das Buch ist wirklich umfassend, eigentlich ein Overkill für Hobbybrauer, aber dafür hat man echt viele Infos zum Thema Hefe, noch dazu ist es relativ aktuell. Zu guter Letzt möchten wir euch nochmal darauf hinweisen, dass alles hier geschriebene nicht frei von Risiko ist. Lest euch unseren Artikel hier durch, bevor ihr im Hobbymaßstab braut und nehmt ihn euch zu Herzen.